Prof. Dr. Claudia Trenkwalder

Prof. Dr. med. Claudia Trenkwalder ist Fachärztin für Neurologie und seit 2003 Chefärztin der Paracelsus-Elena-Klinik in Kassel, Zentrum für Parkinson-Syndrome und Bewegungsstörungen. Seit 2019 ist sie Präsidentin der International Parkinson and Movement Disorder Society (IPMDS) und seit 2003 Gründungsmitglied sowie von 2011 bis 2013 auch Präsidentin der World Association of Sleep Medicine gewesen, deren Vereinigung mit der World Federation of Sleep Research zur World Sleep Society sie initiiert hat. Ihre Schwerpunkte umfassen das Restless-Legs-Syndrom, deren Differentialdiagnosen und die Therapieforschung.

Was hat Sie motiviert, sich für die Parkinson Stiftung zu engagieren?

Seit über 30 Jahren behandele ich Patienten mit Parkinson-Erkrankung und sehe in den letzten Jahren einen enormen Fortschritt in der Ursachenforschung der Erkrankung, der möglicherweise zu wirksamen Therapien führen kann. Als derzeitige Präsidentin der Internationalen Parkinson and Movement Disorder Society bin ich mehr als motiviert auch hier in Deutschland eine Stiftung für diese Erkrankung zu unterstützen, die die Aufklärung in der Bevölkerung verbessert, aber auch das Leben der Parkinson Patienten, das sich über viele Jahre bis Jahrzehnte mit dieser Erkrankung und leider auch den Behinderungen durch die Erkrankung erstreckt.


Warum halten Sie die Parkinson Stiftung für wichtig?

Leider sind die Mittel, die z.B. die EU für die Forschung neurologischer Erkrankungen und insbesondere der Parkinson Erkrankung bisher bereitgestellt hat sehr begrenzt, wenn es überhaupt möglich ist, bei bestimmten Ausschreibungen einen Antrag zu diesem Thema zu verfassen. Wir sind deshalb darauf angewiesen, ähnlich wie es in den USA seit Jahrzehnten üblich ist, aus Spenden und privaten Stiftungen Gelder für Forschung zu akquirieren. Für die Parkinson Erkrankung ist dies in Deutschland bisher nicht geschehen, internationale Stiftungen wie die Michael J. Fox Stiftung sind außerordentlich erfolgreich und stellen derzeit die umfangreichste Fördermöglichkeit für die Forschung von Parkinson weltweit dar. Hier gibt es noch enormen Nachholbedarf in Deutschland und die Parkinson Stiftung ist der erste Schritt, um für unsere Parkinson Patienten auch in Deutschland einen Fortschritt zu erreichen.


Was reizt Sie persönlich an der Erforschung der Parkinson-Krankheit?

Die Parkinson-Erkrankung ist eine Erkrankung, die sehr viele Symptome hat, die nicht nur mit dem Zittern und der Unbeweglichkeit einhergehen, sondern bereits Jahre vor Beginn sich durch subtile Veränderungen im Körper äußern, die man jedoch zu deuten wissen, muss. Gerade diese Frühphase der Parkinson-Erkrankung, der sogenannte prodromal Parkinson, stellt eine Herausforderung, aber auch eine Chance für uns alle dar, um früher, d.h. rechtzeitig, in die Erkrankung eingreifen zu können und damit den Untergang der so wichtigen dopaminergen Nervenzellen zu verhindern. Durch unsere Forschung an der Schlafstörung der Parkinson-Erkrankung, der sogenannten REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist uns ein hochspezifischer Biomarker an die Hand gegeben, um frühzeitig derartige Entwicklungen eines Menschen in Richtung Neurodegeneration zu erkennen. Des Weiteren ist auch im Verlauf der Erkrankung die Symptomatik sehr variabel und kann durch eine gute Beobachtungsgabe erfasst aber auch dann spezifisch behandelt werden. Nicht alle Erkrankungen können mit einer Kombination von klinischer Beobachtung und zuhören einer Patientengeschichte schon weitgehend diagnostiziert und dann auch mit einem Medikamententest, dem L-Dopa Test, bestätigt werden. Die große Symptomvariabilität der Parkinson-Erkrankung reizt mich immer wieder, einem neuen Patienten zuzuhören und neues zu entdecken.


Was war ihr persönlich wichtigster Beitrag in der Erforschung der Erkrankung?

Es gibt in der Parkinson-Forschung den Beitrag eines einzelnen, aber es sind immer Teamarbeiten die entscheidend sind und unser wichtigster Beitrag hier in der Elena-Klinik war, dass wir gemeinsam ausgehend von meiner Schlafforschung und der Biomarker Forschung von Brit Mollenhauer, die DeNoPa Kohorte, eine Langzeit Kohorte, von Diagnosebeginn der Parkinson-Erkrankung bis über 10 Jahre weiterverfolgt haben. In dieser Kohorte, die international nun von vielen Forschungsteams mit untersucht wird, konnten wir zahlreiche Marker untersuchen, wie sich eine Parkinson-Erkrankung entwickelt aber auch was die Schwierigkeiten am Anfang in der Differenzialdiagnose sind und wie vielfältig sich die Schwere jedes einzelnen Patienten unterscheidet.

„Frühzeitige Behandlung mit evidenzbasierten Therapien.“

Was sollte sich zukünftig in der Behandlung der Parkinson-Krankheit ändern?

Die Parkinson-Erkrankung sollte nach einheitlichen, evidenzbasierten medikamentösen Therapien erfolgen, die frühzeitig beginnen und die dann aber auch individuell an den Patienten angepasst werden. Leider befolgen nicht alle Behandler die in Deutschland erstellten Leitlinien, die durchaus eine sinnvolle Therapie abbilden. Durch oft hochdosierte Kombinationstherapien und zahlreiche Psychopharmaka treten Wechselwirkungen auf, die zu vielen Nebenwirkungen führen und vermeidbar wären. Künftig sollte ein Parkinson Patient nur mit den wirklich essenziellen Medikamenten behandelt werden und zusätzliche, nicht untersuchte Psychopharmaka sollten auch nicht verabreicht werden. Weiterhin sollte im Verlauf der Parkinson Erkrankung dem Patienten frühzeitig mitgeteilt werden, dass auch andere Therapieformen wie die Behandlung mit einem Hirnschrittmacher oder einer Pumpentherapie prinzipiell zur Verfügung stehen und er sollte die Möglichkeit haben, diese Therapien ggf. auch für sich in Anspruch zu nehmen. Alle medikamentösen Therapien sollten mit Bewegungstherapie kombiniert werden.


Welchen Rat möchten Sie jungen Ärzten und Wissenschaftlern geben?

Ich kann nur jungen Ärzten oder Wissenschaftlern, die sich für die Neurologie interessieren raten, sich mit Bewegungsstörungen zu beschäftigen. Ich würde jedoch im derzeitigen Gesundheitssystem niemandem raten, sich nur für eine Krankheit zu interessieren. Leider ist das Gesundheitssystem derart wirtschaftlich ausgerichtet, dass Spezialwissen nur mit hoher Flexibilität noch sinnvoll für den Patienten angewendet werden kann. Wer sich wirklich für die Forschung der Parkinson Erkrankung interessiert, dem würde ich die Neurowissenschaften empfehlen und nicht die klinische Neurologie, da die Kombination von klinischer Versorgung und Forschung mit dem derzeitigen DRG System und dem System an den Universitäten meiner Ansicht nach immer weniger vereinbar ist und nicht mehr in der Tiefe erfolgen kann, die hierfür erforderlich ist.

Prof. Dr. Claudia Trenkwalder

„Die große Symptomvariabilität der Parkinson-Erkrankung reizt mich immer wieder, einem neuen Patienten zuzuhören und neues zu entdecken.“